Die EU-Technologiepolitik steht 2025 vor einer umfangreichen Agenda: Umsetzung eines komplexen Pakets digitaler Gesetze, Wiederbelebung der Wirtschaft und Verteidigung des EU-Demokratiemodells gegen wachsende interne und externe Bedrohungen.
Die Europawahlen und die politische Unsicherheit in Frankreich und Deutschland haben den Gesetzgebungsprozess in Brüssel im Jahr 2024 verlangsamt. Gleichzeitig plädieren Mitgliedstaaten und Industrieverbände für eine Pause bei der Durchsetzung neuer Gesetze.
Stattdessen fokussiert sich die EU, angetrieben vom Europäischen Rat, auf die Umsetzung bestehender Gesetze, die für die Gewährleistung eines harmonierten digitalen Binnenmarktes essenziell sind.
Gleichzeitig steht die EU vor einer „existenziellen Herausforderung“ aufgrund der Produktivitätslücke. Dies veranlasste die ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Enrico Letta und Mario Draghi, zu Investitionsförderung und Abbau von Bürokratie aufzurufen.
Der Wettbewerb in Schlüsseltechnologien wie künstliche Intelligenz (KI), Cloud Computing, Raumfahrt und Telekommunikation ist nach wie vor intensiv. Globale Konkurrenten wetteifern um die Vorherrschaft – etwas, das laut Letta und Draghi einen dringenden Bedarf für die EU schafft, gezielte gesetzgeberische Maßnahmen zu ergreifen.
Auf der anderen Seite des Atlantiks lässt die bevorstehende zweite Präsidentschaft des gewählten US-Präsidenten Donald Trump – mit Elon Musk als potenziellem Leiter eines neuen US-Ministeriums für Regierungseffizienz – Bedenken auf, dass es für die EU schwieriger wird, ihr digitales Regelwerk gegen amerikanische Technologiegiganten durchzusetzen.
Diese Entwicklungen spielen sich in einem zunehmend feindseligen globalen Umfeld ab.
Desinformationskampagnen zielen auf Wahlprozesse in der EU und ihren Nachbarländern ab, während Sabotage bei Unterwasser-Internetkabel und Cyberangriffe ausländischer Widersacher die Spannungen verschärft haben.
Durchsetzung im Fokus
Eine der größten Herausforderungen für die Kommission im Jahr 2025 wird die vollständige Durchsetzung des Gesetzes über digitale Dienste (DSA) und des Gesetzes über digitale Märkte (DMA) sein. Diese wegweisenden Rahmenwerke regeln die Moderation von Online-Inhalten und die Kartellregulierung.
Im Jahr 2024 leitete die Kommission elf Untersuchungen im Rahmen des DSA und sieben im Rahmen des DMA ein. Die Ergebnisse werden 2025 erwartet. Ob diese Untersuchungen zu Geldstrafen führen, bleibt unklar, aber sie werden in jedem Fall weltweit aufmerksam beobachtet.
Die Liste der Unternehmen, die im Rahmen der DMA und DSA genauer geprüft werden, könnte erweitert werden. Ein Fall von Interesse ist Telegram, das kürzlich eine Milliarde Nutzer weltweit, aber weniger als 45 Millionen in der EU meldete – eine Diskrepanz, die weiter untersucht wird.
Delegierte Rechtsakte des Gesetzes über digitale Dienste zum Datenzugang für Forscher und Methoden zur Nutzerzählung sind für Anfang und Ende 2025 geplant. Im Jahresverlauf sollen ebenfalls Leitlinien zum Schutz von Minderjährigen und vertrauenswürdigen Hinweisgebern eingeführt werden.
Gleichzeitig muss die EU-Kommission Gesetze zur gemeinsamen Datennutzung und zur Cloud-Datenmigration im Rahmen des Data Governance Act und des Data Act sowie vier Durchführungsrechtsakte umsetzen. Diese sollen die Umsetzung des KI-Gesetzes unterstützen.
Eine weitere zentrale Herausforderung bei der Durchsetzung ist das Chips-Gesetz. Bis 2030 sollen durch das Gesetz 20 Prozent der weltweiten Halbleiterproduktion in Europa stattfinden.
Spannungen werden auch bei der Durchsetzung der Verordnung über politische Werbung und des Europäischen Medienfreiheitsgesetzes erwartet. Der Aufstieg rechter Parteien im EU-Parlament und in den Mitgliedstaaten, unterstützt durch ideologische Einflüsse aus den USA, könnte die Debatten über Medienpluralismus, Desinformation und Demokratie verschärfen.
Auch die EU-Fusionskontrollverordnung ist ein weiterer Brennpunkt, insbesondere im Zusammenhang mit „Killer Acquisitions“ und der Förderung von „Europäischen Champions“. Teresa Ribera Vizepräsidentin für gerechten und wettbewerbsfähigen Übergang sowie Kommissarin für Wettbewerb, wird konkurrierende Interessen ausbalancieren müssen, um in der EU ansässige Industriegiganten weltweit zu fördern und gleichzeitig den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt zu schützen.
Ebenso wird die Verordnung über ausländische Subventionen, im Jahr 2025 genau überwacht werden, da im Jahr 2024 nur ein untersuchter Fall abgeschlossen wurde. Zweck der Verordnung ist es zu verhindern, dass Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten strategische Vermögenswerte der EU erwerben.
Umsetzungsprobleme
Die Mitgliedstaaten kämpfen mit der komplexen Aufgabe, das digitale Regelwerk der EU umzusetzen und anzuwenden. Mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen säumige Länder wurden eingeleitet, die letztlich zu Geldstrafen führen könnten – auch wenn dieser extreme Schritt selten ist.
Solche Verfahrensüberwachungen im Jahr 2025 werden Aufschluss über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der EU-Rechtsdurchsetzung geben.
Governance-Modelle des DSA, DMA und AI Act gelten als zukunftssicher und durchsetzungsfähig. Im Gegensatz dazu stehen die Herausforderungen, die die DSGVO mit sich bringt. Daher bleiben Zweifel an der Fähigkeit der EU bestehen, ob sie ihre digitalen Gesetze effektiv umsetzen kann – insbesondere angesichts der neuen US-Dynamik durch Musk und Trump.
Gesetzgebungsinitiativen
Die Kommission hat sich verpflichtet, sich auf Investitionen zu konzentrieren, Bürokratie zu verringern, und kündigte mindestens 30 neue Initiativen ohne Gesetzgebungscharakter und Gesetzgebungsinitiativen an.
Die ersten sieben KI-Fabriken wurden bereits genehmigt, während die Kommission daran arbeitet, die Finanzierung für einen vorläufig als KI-Forschungsrat bezeichneten Rat zu bündeln.
Ein zentrales Thema für 2025 werden die Verhandlungen über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU sein. Die umstrittene Idee der Kommission, einen zentralisierten Wettbewerbsfähigkeitsfonds einzurichten und alle regionalen sowie Forschungs- und Innovationsprogramme zu streichen, steht im Konflikt mit Akademikern und dem EU-Parlament. Letzteres fordert hingegen eine Verdoppelung und Reform der EU-Forschungs- und Innovationsfinanzierung.
Auch Branchenverbände drängen auf einen einheitlichen Rechtsstatus für innovative Unternehmen, ein Vorschlag, der im kommenden Jahr voraussichtlich Fortschritte machen wird.
Zu den für 2025 erwarteten Rechtsakten gehören Bemühungen zur Verbesserung der Internetgeschwindigkeiten, das Digital Networks Act und das lang erwartete EU-Weltraumrecht. Letzteres soll die nationalen Lizenzrahmen harmonisieren und einen einheitlichen europäischen Weltraummarkt schaffen.
Angesichts der zunehmenden Verflechtung von Politik und Technologie steht die EU-Technologiepolitik vor einem ihrer anspruchsvollsten Jahre, ist jedoch besser denn je auf die Herausforderungen vorbereitet.
Jacob Wulff Wold hat zur Berichterstattung beigetragen.
[Bearbeitet von Chris Powers/Daniel Eck/Jeremias Lin]