„Was wir tun, ist unsere Sache“, sagte der russische Präsident Wladimir Putin bei einer Pressekonferenz ausweichend auf die Frage zu nordkoreanischen Soldaten in Russland. Ein ukrainischer Geheimdienst will unterdessen erfahren haben, dass die ersten Soldaten Pjöngjangs bereits im umkämpften russischen Gebiet Kursk angekommen sind. Der Westen ist spätestens jetzt alarmiert – Südkorea dagegen ist es schon lange.
Nord- und Südkorea befinden sich offiziell seit 1950 im Kriegszustand miteinander, da der Koreakrieg 1953 nur mit einem Waffenstillstand endete. Das Verhalten des nördlichen Nachbarlandes, das immer wieder mit Provokationen auffällt, wird in Seoul argwöhnisch betrachtet. Umso mehr, seit Putin und der nordkoreanische Diktator Kim Jong Un im Sommer einen Vertrag über eine Partnerschaft beschlossen haben und die Welt nun sieht, was das genau bedeutet – nämlich die Entsendung von nordkoreanischen Truppen im Rahmen der Ukraineinvasion, zusätzlich zu der bestehenden nordkoreanischen Militärhilfe aus Granaten und Raketen.
Der russische Angriffskrieg ist ohnehin längst auch ein Stellvertreterkonflikt mit Nato-Mitgliedern auf der einen und den russischen Unterstützern Iran und China auf der anderen Seite. Nun wird er um die zwei Staaten des großen ostasiatischen Krisenherdes erweitert. Der britische „Guardian“ hat mit Experten über diese Eskalation gesprochen.
Experte want vor ostasiatischem Stellvertreterkrieg in Europa
Ramon Pacheco Pardo ist Professor für internationale Beziehungen am Londoner King’s College und sieht die beiden Koreas in einem Stellvertreterkrieg miteinander. Dem „Guardian“ erklärte er: „Der Süden leistet bereits indirekte Militärhilfe für die Ukraine und der Norden unterstützt Russland direkt.“
Zur Erklärung: Südkorea schickt nicht tödliche Militärausrüstung in die Ukraine. Dazu kommen laut „Guardian“ Artilleriegranaten, die an Kiews Verbündete gehen und von dort aus an die Ukraine. Das südkoreanische Präsidialamt spielte kürzlich öffentlich mit dem Gedanken, Kiew auch direkt mit Waffen zu versorgen.
„Wenn Seoul tödliche Waffen direkt an Kiew senden würde, würde das nur unterstreichen, dass die beiden Koreas einen Stellvertreterkrieg führen“, sagte Experte Pardo dem „Guardian“.
Ein anderer Experte ist skeptisch
„Die große Frage ist, ob Seoul die Restriktionen bei der direkten Militärhilfe lockern wird“, gibt aber Euan Graham von der Denkfabrik Australien Strategic Policy Institute zu bedenken. Das ginge aber nur, wenn die südkoreanische Verfassung geändert werden würde.
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Doch klar scheint zu sein, dass der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un von seinem Deal mit Putin in jedem Fall profitieren wird.
Kim Jong Un wird noch reicher
„Die nordkoreanischen Truppen haben nur eine Mission: Für Russland zu kämpfen und zu sterben und Kim Jong Un dabei Milliarden von Dollar zu beschaffen, um sicherzustellen, dass Pjöngjang mehr als genug Geld hat, um Sanktionen zu umgehen und seine Atomwaffen niemals aufzugeben“, wird der Experte Harry Kazianis vom „Guardian“ zitiert. Kazianis ist Senior Director bei der Denkfabrik Center for the National Interest in Washington.
Kim Jong Uns Regime profitiert umso mehr, je länger Russlands Krieg in der Ukraine dauert, lautet die zynische Logik. Amerikanische und britische Militärbeobachter bezifferten die russischen Verluste in der Ukraine auf jüngst durchschnittlich 1200 Soldaten pro Tag – entsprechend wachse Putins Bedarf an Nachschub, meint Kazianis.
Der südkoreanische Geheimdienst ging zuletzt von zunächst 12.000 nordkoreanischen Soldaten aus, die nach Russland geschickt werden sollen. Je nachdem, wo die Männer im Krieg eingesetzt werden, könnte das womöglich nicht lange reichen. Zur Einordnung: Schätzungen zufolge verfügt Nordkorea über rund 1,3 Millionen Soldaten.
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Nordkoreas Atomprogramm profitiert
Die nordkoreanische Einmischung betrifft auch das Atomprogramm des abgeschotteten Staates. 2009 warf Nordkorea die Inspektoren der Internationale Atomenergiebehörde aus dem Land. Mehrfach wurden anschließend Atomwaffen getestet. Wegen seiner Schützenhilfe für Russland kann Nordkorea nun „Unterstützung für sein Raketen- und Nuklearprogramm bekommen“, meint Gabriel Jonsson, der Professor für Koreastudien an der Universität Stockholm ist.
Der Experte gibt noch einen weiteren Aspekt zu bedenken. Dazu muss man wissen, dass Nordkorea seinen Feinden zwar ständig mit Krieg droht, selbst seit 1953 aber keinen mehr geführt hat. Entsprechend mangelt es dem Militär an Praxis. Der Kampf in der Ukraine bietet Nordkorea daher die Möglichkeit, „seine Soldaten und Waffen zu testen“, so Jonsson. (mit dpa)