Wenn man sich mit Leuten unterhält fällt immer wieder mal das der Ausdruck SPÖler hätten sich vom Wähler entfernt. Beziehungsweise gibt es ja generell den Vorwurf die Politik hätte sich vom Wähler entfernt und das wäre der Grund für die Politikverdrossenheit. (mich persönlich erinnert das immer ein wenig an das Spiel Deus Ex wo ein (mmn ziemlich nihilistisches) Ende die These vertritt die Welt wäre zu komplex und Leute wären nicht fähig Dinge verstehen die komplexer sind als eine Stadt und deswegen macht zerstört man alle Elektronik, damit es keine Massenkommunikation mehr gibt und es gibt dann nur mehr Stadtstaaten.

Babler hat vermutlich ähnliche Aussagen gehört oder die Statistiken zur Unzufriedenheit mit der Demokratie gelesen und sein Rezept ist Bürgerräte/mehr Bürgerbeiteilgungen.

Siehe zb:

https://www.derstandard.at/story/3000000226431/spoe-chef-babler-entschuldigt-sich-bei-nichtwaehlern-geben-sie-uns-die-chance

https://orf.at/stories/3362152/

Ich tue mir mit der Aussage schwer, Ich war nie SPÖ und deswegen hat sich für mich die SPÖ auch noch nie von mir entfernt, deswegen weiß ich auch nicht was gerade SPÖ Wähler/Ex Wähler/mittlerweile Nichtwähler damit meinen.

Nachdem der Vorwurf also nicht von mir kommt frage ich mich ehrlich was genau meinen die Leute die sagen die SPÖ hätte sich entfernt jetzt eigentlich wirklich? Ich habe ein paar Variationen davon gehört:

  • "die tun ja nur was für die Ausländer/die SPÖ soll sich nur um Einheimische kümmern" (ein Satz den ich einerseits einfach faktisch nicht wahr finde, weil in der Regel ist es so dass die wenigstens Dinge nur für Ausländer da sind, sondern eher Sachen sind für alle da und Gesetze wie zb EU Gleichbehandlung sagen, okay, wenn du Bibliotheken baust oder Kindergeld zahlst dann musst du das allen geben. Oder gewisse Dinge sind zb für arme Leute und unter den Schlechtverdienern wie Bauarbeitern, Putzfrauen usw sind halt viele Leute mit Migrationshintergrund)

  • "die SPÖ hat zu wenig Arbeiter in der Vertretung und zu viele Akademiker" (mmn ein komplexeres Problem über das man allein einen Aufsatz schreiben könnte)

  • Geht es da eher um abgehobene Sprache und politisch korrekt sein? Dass die SPÖ zb durchaus harte Positionen hat aber halt nicht so volkstümlich poltert?

  • Geht es da um sie Sachen wie der Niki Kowall kritisiert, um mangelnde Durchlässigkeit, weil es die eingesessenen Funktionäre gibt die keine neuen Leute ran oder reinlassen weil das Bedrohung für ihre Position wäre?

  • Geht es um mangelnde Betreuung durch die Funktionäre, dass man früher mehr direkt besucht wurde von den SPÖ Politikern? Und das jetzt anders ist, sei es weil sich die Zeiten geändert haben (Direkteinzug vom Konto und nicht mehr direktes Kassieren von Mitgliedsbeitrag), weil die Funktionäre fauler geworden sind, weil sich auch die Gesetze verändert haben (zb vom Parteifinanzierungsgesetz was Praxisorientierte Vorfeldorganisationen erschwert hat bis zur Abschaffung der Hausmeister).

https://old.reddit.com/r/Austria/comments/1dsl7vl/eine_ernstgemeinte_frage_zu_babler_spö_und_der/

Von wegwerferie

4 Comments

  1. wegwerferie on

    Ich finde das ja eine spannende Sache weil ich den Eindruck habe dass vermutlich sehr unterschiedliche Gruppen in der Gesellschaft existieren.

    * Ich glaube manche Leute WOLLEN nicht wirklich Nähe zur Politik. Die haben ein konservatives hierarchisches Weltbild, die WOLLEN einen abgehobenen König, einen starken Mann und finden das gut und wünschenswert wenn der weit weg und ganz anders als sie ist. (insoweit haben Parteien die solche Wähler ansprechen natürlich im Vorteil weil sie das Problem mit der Abgehobenheit gar nicht haben)
    * Ich sehe mich ja eher mittig. Ich will eigentlich nicht wirklich von der Politik persönlich betreut werden. Für mich ist die delegierte Politik eigentlich sehr ansprechend als Konzept. Ich delegiere meine Interessen an andere und alle paar Jahre schaue ich nach ob die gute Arbeit geleistet haben und wenn nein wechsle ich wen ich “beauftrage” meine Interessen zu vertreten. In meiner Idealen Welt funktioniert die Politik, die Verwaltung einfach gut und ich muss mir über nichts den Kopf zerbrechen und ich muss mich nicht einmischen. Wenn ich aber unzufrieden bin soll es die Möglichkeit für mich geben mich mehr einzubringen. Würde ich politisch sein wollen, dann wäre ich in die Politik gegangen. Ist aber nicht so. Ich will nur dass die Sachen gescheit gemacht werden. Ich bin bereit mich politisch einzubringen um Sachen loszuwerden die ich schlecht finde, aber mein Ideal wäre dass es ein Zustand erreicht wird wo alles passt und ich mich nicht einbringen muss und das Einbringen Leuten überlassen ist die sich wirklich für die Themen interessieren.
    * Dann gibt es Leute die sich Einbringen und Demokratisch sein wirklich als Lebensader sehen und finden das ist ur wichtig und ur gut für alle Beteiligten.
    * Und halt möglicherweise gibt es Leute die den direkten Kontakt zur Politik mögen aber halt eher als Kontakt und nicht unbedingt als aktiver Teil? Weil sie für den aktiven Teil abgesehen von die eigene Sichtweise schildern zu müde, zu schüchtern oder sonst was sind?

    Sehe ich das falsch/ist mir da eine Gruppe entgangen (ich nehme an Nihilisten die wollen dass gar keine Strukturen existieren?), wo seht ihr euch auf dem Spektrum? Wo vermutet ihr sind die meisten Leute auf dem Spektrum?

    (ich vermute es wird natürlich auch Übergänge geben, also Konservative Leute die rübergezogen werden wenn Missstände zu offensichtlich sind oder Delegierungsleute die überzeugt werden dass mehr regelmäßige Aktivität doch nötig ist, oder aktive/idealistische Leute die rausgespült werden weil halt doch zu anstrengend)

    Hinzugefügt: Ich gebe zu dass meine erste “Metapher” ein Arbeitsverhältnis war. Wo es Leute gibt die es wichtig finden dass der Chef einen Monatlichen Jour Fixe macht wo er sich lobend oder tadelnd äußert oder wo man selber Beschwerden loswerden kann. Während ich das eher sehe, wenn ich meinen Teil gut erfülle und er seinen Teil gut erfüllt (überweist faires Geld, hat die Firma nicht an die Wand gefahren) dann finde ich es wünschenswert ihn nie zu sehen. Und vielleicht bin ich ab und zu neugierig über die Langzeitstrategie der Firma aber habe auch viel Sympathie für Leute denen das wurscht ist weil oft kommt es eh ganz anders.

  2. MoneyAltruistic2342 on

    Der Babler entfernt sich vom Wähler wegen Aussagen wie:

    „Ich bin Marxist.“
    „Wir haben kein Immigrationsproblem.“
    „Kein Mensch ist illegal.“
    „Es wird keine Obergrenzen geben.“

    Entweder realitätsfremd oder entgegenstehend zum Sentiment der Bevölkerung oder der Realität selbst.

  3. Entire_Candidate1366 on

    Ich glaube die Probleme der SPÖ fingen vor ca. 30 Jahren an.
    Der größte Punkt ist, dass sich das Leben der Menschen in Österreich in den letzten 30 Jahren nicht substantiell verbessert hat. Einen Aufschwung der Unteren- und Mittelschicht hat es seit Kreisky nicht gegeben und Österreich ist ein Hochsteuerland. Das bedeutet, dass die Abmachung der Bevölkerung mit den Regierenden ist: ihr macht unser Leben besser, für die große Allgemeinheit und dafür zahlen wir viele Steuern.
    Wie schon geschrieben, das ist nicht passiert. Der SPÖ war es wichtiger in Posten zu bleiben und dafür faule Kompromisse einzugehen, immer mit der ÖVP. Das ist glaube ich der größte Grund wieso die SPÖ kontinuierlich an Stimmen verliert. Sie sind unglaubwürdig geworden mit ihrer Politik, sie haben kein Rückgrat bewiesen. Das ist was ich als “Entfernung” zu den Menschen kategorisieren würde.
    Es kommen natürlich noch einige andere Dinge dazu, vor allem handwerkliche Fehler, immer wieder viele Kleinigkeiten. Das wichtigste in meinen Augen ist tatsächlich die schlechte Kompromisspolitik. Das Versprechen, wofür die SPÖ steht, wurde in den letzten 30 Jahren nicht eingehalten. Und über Zeit haben sich die Menschen gedacht: obwohl die SPÖ in der Regierung ist wird mein Leben nicht besser, es wird sogar teilweise schlechter. Nur 2 Beispiele: Kindergeld Alter herabgesetzt, Studiengebühren eingeführt. Immer wieder sind so kleinere und größere Verschlechterungen, die man als “Kompromisse” mit der ÖVP verkauft hat, passiert. Und natürlich hat die ÖVP auch durch kluge Kommunikation dazu beigetragen die SPÖ richtig schlecht aussehen zu lassen.
    Also, liebe SPÖ, Rückgrat zeigen, nicht in die Regierung, nur weil man regieren will und den langen Weg, die Glaubhaftigkeit wieder zurückzugewinnen, antreten. Es wird schwierig, aber es ist notwendig, wenn man rechte Kräfte besiegen möchte.

    Tldr: SPÖ ist mitverantwortlich an der Verschlechterung der Lebensverhältnisse der Menschen der letzten 30 Jahre.

  4. OptimisticRealist__ on

    Die SPÖ hat aktuell halt einfach nicht wirklich eine Rolle bzw kein Konzept. Manchmal wirkt es, als währe ihr selbsternannter Wahlgrund: “Wir haben mit Kreisky viel für die AN getan, also wählts uns jetzt auch”.

    Aber parteilich hast du halt einfach sehr viele eingesessene Leute, die im Leben nie ordentlich hackeln mussten (Versorgungsposten bei AK oder ÖGB zählt auch nicht).
    Gerade in Wien hast dann viele SPÖ-Bobos die von der Vielfalt im Kindergarten und dem Weg in die Arbeit mit dem Rad/Öffis philosophieren – Gleichzeitig aber ihre eigenen Kids in private Einrichtungen stecken und keinen Ahnung haben wie es ist, wenn in Hintertupfing der Bus einmal in der Früh und einmal am Abend geht.

    Dass sie da in Zeiten sozialer Krisen und Ängste wie schon lange nicht mehr, nicht nur nicht dazugewinnen, sondern sogar verlieren (ist das der Babler-Effekt?) Ist eben bezeichnend für die ideologische Geisterfahrt.

    Last but not least hast halt mit dem Gesicht der Partei einen Typen, der so leid es mir tut, besser geeignet ist für Kommunalpolitik. Der hat ja auch schon zu den Themen wie EU, NATO, Immigration, … einige wilde Sachen gesagt, wo es nicht verwundert, dass WählerInnen zunehmends mit Zähneknirschen an die Urne treten.
    Aktuell ist es halt eine berechtigte Frage, was die SPÖ bringt bzw wofür sie steht, denn für die meisten Themen gibt es andere Parteien, die diese Themen besser besetzen. Das Zeigt mMn die teilweise wilden Umschwenkungen, bei Themen, weil die SP halt versucht irgendwie ein Thema zu finden, welches sie bespielen können.

    Das letzte Mal, wo die Führung eine Art Seriosität und Kompetenz ausgestrahlt hat, war mMn unter Kern.

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