Kontext: War auf der Profil Seite. Da gab es den gepaywallten Artikel [Gramatneusiedl und sein beendetes Jobwunder](https://www.profil.at/oesterreich/was-vom-jobwunder-in-gramatneusiedl-geblieben-ist/402845134). Nicht gelesen da paywall, klang aber interessant auch weil ich mich an die ursprünglichen Artikel vom [New Yorker](https://www.newyorker.com/news/annals-of-inquiry/what-happens-when-jobs-are-guaranteed)und so erinnert habe. Herumgegoogelt ob vielleicht noch jemand dazu schreibt. Bin dann über den Spielgel gestolpert: [Aus für österreichisches Erfolgsexperiment – Als Gramatneusiedl die Arbeitslosigkeit abschaffte](https://www.spiegel.de/ausland/oesterreich-als-gramatneusiedl-die-arbeitslosigkeit-abschaffte-aus-fuer-erfolgsexperiment-a-e704af2e-b6f0-486d-ab80-920bae79740d) sowie die NÖN [Marienthal: Jobgarantie-Pilotprojekt „MAGMA“ ist Geschichte](https://www.noen.at/niederoesterreich/wirtschaft/auf-drei-jahre-befristet-marienthal-jobgarantie-pilotprojekt-magma-ist-geschichte-415549408). Beschreibung dort:

>107 langzeitarbeitslose Gramatneusiedler haben letztlich am Projekt teilgenommen. Den Teilnehmenden, die zum Projektstart langzeitarbeitslos waren bzw. bis Oktober 2023 langzeitarbeitslos wurden, wurde dabei ein kollektivvertraglich entlohnter Arbeitsplatz bei dem sozialen Unternehmen „Itworks“ angeboten. Gearbeitet haben sie etwa im Bereich der Altersbegleitung und Jugendarbeit, Grünanlagenpflege, Wohnungsrenovierungen und in einer Holzwerkstatt. Einige haben einen Kräutergarten angelegt, andere eine Mediathek bzw. einen Newsletter für die Gemeinde gestaltet.
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>Zwei MAGMA-Beschäftigte wirkten in einem Therapiezentrum mit Pferden mit, eine andere schaffte den Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt und bemalt Urnen bei einem Bestattungsunternehmen.
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>\[….\]
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> So beauftragte die Kommune die MAGMA-Projektfirma etwa mit der Grünraumpflege im Ort

Im Spiegel Artikel gibt es diese konkreten Beispiele:

> Leisser ist 38 Jahre alt. In seinem bisherigen Leben hat er noch nie regulär gearbeitet. In einer kurzen Vorstellungsmail über ihn war von einer abgebrochenen Ausbildung als »Applikationsentwickler« die Rede, es fällt das Stichwort »Grünraumpflege«. Er erzählt vom Kiffen und anderen Drogen, vom Probearbeiten als Entrümpler und in einem Callcenter. »Cirka zwei Wochen«, sagt er. »Aber halt nie mehr.«
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>\[…\]
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>Eine von ihnen ist Andrea Herold, 59. In der Vorabmail über sie hieß es: »Frau Herold war mehr als 32 Jahre lang als leitende Angestellte in einem Schmuckunternehmen tätig. 2019 wurde sie gekündigt und damit veränderte sich ihr Leben dramatisch.«
>
>Frau Herold erzählt offen von ihren tiefen Depressionen nach der Kündigung. Statt einer neuen Perspektive bekam sie zweimal sechs Wochen Reha. Danach wurde es kaum besser, zu einem Bewerbungsgespräch wurde sie nie wieder eingeladen. »Zu alt, zu teuer«, fasst sie ihren Lebenslauf in vier Wörtern zusammen und sagt über ihren damaligen Zustand: »Ich bin nicht einmal mehr raus in den Garten.« \[…\]
>
> Gekündigt wurde sie aufgrund eines betriebsbedingten Stellenabbaus – per Post. »Es gab nicht mal ein Gespräch«, sagt sie. Noch heute fühlt sie sich verraten: »Ich habe so viel geleistet, so lang in die Sozialsysteme eingezahlt.« Mit einer kaputten rechten Schulter und zwei ausstehenden Knieoperationen hatte sie auf dem regulären Arbeitsmarkt kaum mehr Chancen.
>
>\[…\]
>
> Da ist der 25-Jährige mit psychischen Problemen, der dachte, mit einer bipolaren Störung würde er nie wirklich einer Arbeit nachgehen können. In seinem Leben ging es gefühlsmäßig auf und ab;

Auf twitter ist der Sven Hergovich der sich (da er damals als er AMS Chef war das Projekt erfunden hat) natürlich aufregt: [https://twitter.com/HergovichSven/status/1775212053700977090](https://twitter.com/HergovichSven/status/1775212053700977090)

(lt der Nön soll es ein Art Nachfolgeprojekt namens Jobwerk geben die das AMS vorstellen will, aber es nicht klar was das kann/will)

==> Jetzt unabgängig von dem konkreten Projekte, derartige Projekte gab es schon öfter und sind immer ein Hickhack Thema zwischen den Roten und den Schwarzen.

Ich würde diesen Konflikt gerne besser verstehen. Ja ich tendiere zur linken Seite, aber ich würde mich jetzt nicht als “gefestigt” sehen darin solche Projekte für gut zu finden. Soweit ich verstehe ist der “Pitch” folgender:

\- Ob das AMS Arbeitslosengeld und Schulungen bezahlt oder einen geförderten Job plus Vermittlung bleibt sich unterm Strich gleich oder ist sogar billiger diese geförderten Jobs zu zahlen.

\- Vielen Leuten tut die Langzeitarbeitslosigkeit nicht gut, solche Arbeiten geben den Leuten Tagesstruktur, Ansprechpartner in der Arbeit, das Gefühl was zu schaffen, Teil der Gesellschaft zu sein usw.

\- Nachdem es sich nur an Langzeitarbeitslose wendet geht es ja nur um Leute die vorher schon nicht/schwer vermittelbar waren, also nicht die Gefahr dass “dann nehmen ja die Leute keine ‘ziehe nach Vorarlberg um dort Berghüttenkellner zu machen’ Jobs an sondern warten dass sie in solchen Programmen einen chilligen Job kriegen”

\- Nachdem die Teilnahme freiwillig ist ist es umgekehrt auch nicht so, dass wenn du 5 Jahre arbeitslos bis der Arbeitsinspektor kommt und dich mit vorgehaltener Pistole zwingt Müll aufzusammeln.

\- Die Chance dass jemand aus einem geförderten Job in einen echten Job wechselt ist ähnlich hoch oder sogar besser als dass ein Langzeitsarbeitsloser aus dem AMS raus einen echten Jobs findet.

\- Aus der Sicht der Gesellschaft: Bevor ein Langzeitarbeitsloser am Reumannplatz oder Praterstern rumhängt, zuhause rund um die Uhr Internet surft und sich radikalisiert, oder einfach nur in Depression herumsiecht (und nochmal: für alle Langzeitsarbeitslosen den es gut geht/die damit gut umgehen können ist es ja immerhin noch ein freiwilliges Programm), warum sollen sie nicht was für die Gesellschaft machen und Straßenputzen/Stadtnewsletter schreiben/Grünraumpflege machen um das Geld was sie auch übers AMS kriegen?

Mir ist nicht so ganz klar was der “Gegenpitch” ist. Grade das “Dann sollen die Langzeitarbeitslosen halt was für die Gesellschaft machen” klingt ja wie was was ja auch einer konservativen Weltsicht durchaus attraktiv sein könnte. Geht es da um die Idee dass das Projekt vielleicht versteckte Kosten hat oder haben könnte? Geht es da um Ängste dass es dann zu viele Jobs gibt die vom Staat abhängen (aber wie gesagt wenn die ähnlich teuer ist wie das AMS dann hängen die Leute ja so oder so vom Staat ab?)? Oder dass das unsere Arbeitslosenzahlen schönen würde (könnte man ja so ausmachen dass alle “Leute in geförderten Jobs” zu den Arbeitslosenzahlen dazuzählen?)? Ist da Angst dass das ein “pull faktor” sein könnte (aber man würde ja in das Projekt nur reinkommen wenn man bereits durch das System AMS bereits durchgegangen ist)? Ist da Angst dass langfristig teurer würde weil wenn es mal steht dann würde über die Zeit mehr Geld dafür verlangt werden? Geht es darum dass “okay, jetzt kostet es gleich viel/ist billiger, aber unser Ziel ist es ja Geld für Arbeitslose in Zukunft zu kürzen und dannn ist unsere Version billiger”? Wenn der Grund ist “man gönnt den Roten keinen Erfolg” dann kann man ja einfach seine eigene Version erfinden und sagen “nur wir setzen das gut um”?

Was denkt ihr sind die Gründe?

Bzw, Leute die solche Projekte schlecht/bedenktlich finden, was sind eure Gründe?

https://old.reddit.com/r/Austria/comments/1byo7q5/eine_ehrliche_frage_zum_theme/

Von wegwerferie

2 Comments

  1. wegwerferie on

    Also wem die Erkärung vom Projekt/Spekulation über die Gründe zu lang ist:

    **Was denkt ihr sind die Gründe gegen solche Projekte zu sein? Bzw, Leute die solche Projekte schlecht/bedenktlich finden, was sind eure Gründe?**

  2. Wie bei den ORF-Gehältern gesehen, ist Österreich eine Neidgesellschaft. Deswegen wird sowas nie funktionieren.

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